Wer sich in Seattle im Untergrund bewegt, ist nicht zwangsläufig untergetaucht. Vielmehr zeigt sich rund um den Pioneer Square die Vergangenheit der Stadt, die bei der Underground Tour, einer geführten Tour durch die unterirdische Stadt, hautnah erlebt werden kann. Erfahrt hier, warum die knapp 165-jährige Stadt kurz nach deren Entstehung ein bis zwei Stockwerke höher neu aufgebaut worden ist und welche Schätze aus der Vergangenheit noch immer in den Kellern zu sehen sind.
Wir schreiben das Jahr 1889. Vor 38 Jahren erreichte eine Gruppe von Pionieren aus Illinois Alki Point. Sie hatten große Ambitionen für ihre Siedlung und nannten sie „New York – Alki“. Kurze Zeit später änderten sie den Namen jedoch in Seattle, nach dem Häuptling Sealth, und zogen in den heutigen Stadtteil Pioneer Square an die Elliot Bay.
Die kleine Stadt auf Höhe des Meeresspiegels wuchs und entwickelte sich zu einem bedeutenden Hafen. Die umliegenden Hügel und Inseln lieferten genug Holz für das aufstrebende San Francisco und Kaliforniens Goldminen. Trotzt des wirtschaftlichen Booms hatte die Stadt ein gravierendes Problem: Das Abwassersystem. So funktionierten die Toiletten nur bei Ebbe. Sobald die Flut einsetzte, stiegen hohe Fontänen empor.
Im Juni 1889 kam es in einem holzverarbeitenden Geschäft zum Großbrand, dem sogenannten The Great Seattle Fire, als ein junger Schwede Klebstoff über einem Benzinfeuer erhitzte. Das Feuer griff schnell auf ein benachbartes Likörgeschäft über, das den Brand zusätzlich vergrößerte. Stunden später lagen 49 Hektar in Schutt und Asche, waren 25 Blocks komplett zerstört und 1 Millionen Ratten hatten ihr Leben verloren. Menschen hingegen starben nicht.
Seattle lernte aus den Fehlern der Vergangenheit: So durften beim Aufbau keine hölzernen Gebäude gebaut werden und Teile der Stadt wurden angehoben. Somit konnte unteririsch ein funktionierendes Abwassersystem installiert und der Pioneer Square vor Überflutungen geschützt werden. Es entstanden unterirdische Gänge und Keller mitten im Stadtzentrum, die heute eine Touristenattraktion sind.
Zu Beginn der Bill Speidel’s Underground Tour tauchen die Teilnehmer in die Geschichte der Stadt ein. Hierbei sei erwähnt, dass die Guides gute Englischkenntnisse voraussetzen, da sie mit Witz und Ironie die Tour gestalten. Gemeinsam erkundet man dann die Überreste der unterirdischen Stadt und wird immer wieder mit kleinen Anekdoten unterhalten.
Von oben dringen Sonnenstrahlen durch die Glasbausteine. Während in der Gegenwart die Menschen nichtsahnend über den Gehweg laufen, schlummern im unteren Stockwerk die Relikte der Vergangenheit. Wer Lust hat selbst auf diesen Spuren zu wandeln, der sollte bei seinem nächsten Seattle Besuch an der Tour teilnehmen. Nähere Informationen unter www.undergroundtour.com.